Umsatzzuwachs bei Metzger Hambel in der Pfalz / "Nur Schweinefleisch" / Von Ulla Hofmann

WACHENHEIM/PFALZ, 21. Dezember. Der Pfälzer versteht die Welt nicht mehr: Was soll die BSE-Krise mit dem Saumagen zu tun haben? Hierzulande weiß jedermann, daß in dem Pfälzer Traditionsprodukt ausschließlich Schweinefleisch verarbeitet wird. Aber nun dies: Der Präsident der deutschen Gesellschaft für Ernährung warnt indirekt vor dem Saumagen (F.A.Z. vom 20. Dezember), weil in ihm auch andere Bestandteile enthalten sein könnten. Da kennt die Pfalz keine Klassenunterschiede mehr, sondern zeiht Helmut Ebersdobler der schieren Unkenntnis. Metzgermeister Klaus Hambel in Wachenheim, Hauslieferant von Altbundeskanzler Helmut Kohl im nahen Ludwigshafen, verspürt denn auch keinerlei Umsatzrückgang bei dem Pfälzer Klassiker, sondern im Gegenteil eine verstärkte Nachfrage. Er habe in den vergangenen drei Wochen mindestens 10 Prozent mehr abgesetzt, sagt Hambel.

Die Metzgerei im pfälzischen Wachenheim, die den Saumagen seit Jahrzehnten nach dem gleichen alten Rezept fertigt, verarbeitet ohnehin ausschließlich Schwein, von der Hausmacher Leber- und -Griebenwurst über Leberknödel bis eben zum Saumagen. Vakuumverpackt hält sich der Saumagen mindestens drei Wochen. Seitdem Hambel den Münchner Weltwirtschaftsgipfel 1992 oder die UN-Vollversammlung im September 1996 in New York beliefert hat, kennt der Familienbetrieb auch den Export. Doch der Hauptanteil der Auslandslieferungen erreicht Saumagenliebhaber in Spanien und Südfrankreich, die dort überwintern. "Die Kunden wissen, daß wir nur Schwein verarbeiten."Metzgermeister Hambel ist überzeugt, daß auch seine Pfälzer Kollegen einwandfreie Ware liefern: "Wurstkauf war immer schon Vertrauenssache. Aber daß hier in einer Pfälzer Metzgerei Hirn in die Leberwurst kommt, das halte ich für ganz und gar ausgeschlossen. Was in den Wurstfabriken geschieht, weiß ich nicht - aber hier in der Pfalz? Undenkbar."

Aber BSE sei schon ein sehr trauriges Kapitel, sagt der junge Hambel nachdenklich. Auch die Pfälzer Lokale melden keinerlei Rückgang der Nachfrage nach dem geschätzten Saumagen. In der Region, vor allem im Weinanbaugebiet zwischen Pfälzer Wald und Rhein, hat wohl jede Gastwirtschaft dieses Gericht auf der Speisekarte. Eine wohlbekannte Weinlage, "Kallstadter Saumagen", trägt sogar seinen Namen. Die weißen Würfel in der gesottenen oder gebratenen Saumagenscheibe, die mancher auswärtige Gast mit Mißtrauen betrachtet, sind keine Speck-, sondern Kartoffelwürfel.

Ein guter Saumagen ist keineswegs ein fettreiches Gericht. So serviert ihn denn auch gerne der Deidesheimer Hof am Marktplatz in Deidesheim, Schauplatz vieler Prominententreffen und manches politischen Gedankenaustauschs. Seit Margaret Thatcher, Boris Jelzin oder König Juan Carlos dort den Saumagen kosteten, haben Gastronom Arthur Hahn und Sterne-Koch Manfred Schwarz die Speisekarte mehrfach variiert. Aber die Nachfrage nach den vier aktuellen Saumagengerichten sei ungebrochen, sagt Arthur Hahn. Rindfleisch werde im Lokal vom Gast gemieden, Geflügel, Fisch und Wild wurden stärker verlangt, aber dem Saumagen hielten die Leute die Treue. Außerdem habe man auf der Speisekarte vermerkt, daß im Saumagen nur Schweinefleisch verarbeitet sei.

So serviert der allabendlich ausgebuchte Deidesheimer Hof weiterhin den "gebratenen Saumagen", gefüllt mit Speck und Käse, den Saumagen auf Spitzkohl mit Kartoffelkrapfen, den Saumagen, mit Maronen gefüllt, auf Apfelrotkraut und vor allem natürlich "das Pfälzer Lieblingsgericht", nämlich Saumagen, Leberknödel, Bratwurst auf Sauerkraut. Kein Pfälzer kann sich vorstellen, daß dieses Gericht je von der Speisekarte seiner Heimat verschwindet.

Was bitte ist ein Saumagen?

Für 10 Personen 1200 Gramm extrem mageres Schweinefleisch, je zur Hälfte vom Nacken und vom Schinken. 900 Gramm gekochte und gewürfelte Kartoffeln der festkochenden Sorte Quarta. 900 Gramm Schweinemett, dazu Salz, Pfeffer, Koreander, echt Thüringer Majoran. Beim Metzger einen leeren geputzten Saumagen bestellen. Die Masse einfüllen, den Saumagen zubinden und dreieinhalb Stunden bei 70 Grad garen. Nach dem Abkühlen aufschneiden, in dicke Scheiben schneiden und beiderseits knusprig braun braten. Dazu Sauerkraut und Kartoffelbrei.